Redebeitrag am 21.12.2019

Am 21.12.2019 demonstrierten ca. 1000 Menschen in Solidarität mit den Betroffenen der Naziangriffe der vergangen Wochen rund um die Sonnenallee. Neukölln Watch war mit einem Redebeitrag dabei, den wir hier dokumentieren:

Seit Monaten werden Läden und Hauseingänge in der Sonnenallee und den umliegenden Strassen mit Hakenkreuzen und anderen Nazisymbolen beschmiert. Letzte Woche in der Wildenbruchstraße gehört ein betroffener Laden den Verwandten von jemandem, der schon mal von harten Angriffen der Neonazis betroffen war. Die Häuser haben außerdem etwas gemeinsam: sie waren alle im Fernsehen und der Presse, beim Thema der Kriminalität irgendwelcher angeblicher Clans.

Zu den regelmäßigen schwerbewaffneten Polizeirazzien in Neukölln sagt die Polizeipräsidentin: „parken in der zweiten Reihe, tragen Rolex. Das ist nicht kriminell, höhlt aber den Rechtsstaat aus.“ Und Innensenator Geisel erklärt das Ziel: „gegen ein Dominanzverhalten vorgehen“ — ja, da schluckt man erstmal, wenn man das hört. Polizei und Innensenator sagen ganz offen, dass es bei den Razzien darum geht, es den sog. Ausländern mal so richtig zu zeigen.

Jedes mal stürmen mehrere Dutzend vermummte und schwerbewaffnete Polizisten in die Läden, halten die Mitarbeiter und Gäste gefangen, und schreiben Strafanzeigen für jeden albernen Kleinscheiss. Auch der Bezirksbürgermeister, die Solidarität hier heute in allen Ehren, ist bei diesen Razzien manchmal dabei. Die Presse kommt, man stellt sich im Anzug hin und zeigt was für ein harter Hund man ist, und macht das ganze damit erst recht zum Spektakel.

Die Razzien sind rassistisch und zusammen mit der reißerischen Darstellung in den Medien sind sie grob stigmatisierend. Die betroffenen Unternehmer, Mitarbeiter*innen und Gäste werden als kriminell verunglimpft, und die ganze Nachbarschaft als Problemkiez markiert.

Die Neonazis fühlen sich davon bestätigt und greifen an. Die Ziele haben sie hoffentlich nur aus der Presse. Hoffentlich, weil man sich bei der Berliner Polizei inzwischen nicht mehr sicher sein kann. Zuviele extrem rechte Einzelfälle, zu viele AfD-Mitglieder, zu viele Seilschaften mit Neonazis.

Wir haben nicht vergessen, dass der rot-rot-grüne Senat immernoch jede Aufklärung zur Rolle der Berliner Polizei beim NSU verweigert. Das Berliner LKA bekam von einem der vielen V-Männer mehrmals ganz konkrete Hinweise auf das NSU-Kerntrio, die Mehrzahl der Opfer hätte also gerettet werden können. Doch die beiden Berliner Beamten, die heute immernoch beim LKA arbeiten, ignorierten die Hinweise.

Man könnte denken aus Blödheit, aber zumindest der eine ist offenbar ein richtiger Nazi. Er schickte eine SMS an seinen Vorgesetzten, die er mit 88 unterschrieb, dem Szenecode für „Heil Hitler“. Ein anderer Polizist sagte im Bundestag über ihn, dass er sich immer wieder rassistisch und extrem rechts äußerte.

Neben den vielen anderen Brandanschlägen und Angriffen haben die Neonazis Sebastian Thom und Tilo Paulenz monatelang unseren Freund Ferat beobachtet und schließlich sein Auto angezündet. Antifa-Gruppen hatten die beiden schon lange vorher öffentlich als Täter benannt, und seitdem wurden sie vom LKA und vom Verfassungsschutz überwacht. Der Verfassungsschutz hörte die Beobachtung und Planung am Telefon mit, benachrichtigte das LKA – und da machte man: nichts. Die Polizei hat sich dafür bei Ferat bis heute nicht entschuldigt, oder wenigstens glaubhaft aufgeklärt.

Unter der Hand erfahren wir aus dem Senat, dass gegen Thom kein Haftbefehl beantragt wurde, weil er zur Tatzeit angeblich observiert worden sei, und daher nicht der Täter sei. Ein paar Monate später wird dann wieder ein Auto angezündet, Thom wird in der Nähe von Streifenpolizisten festgenommen und kurz danach vom LKA wieder freigelassen. Wieder erzählt man uns unter der Hand, dass Thom ein Alibi hat, also wohl zur Tatzeit observiert wurde, und nicht der Täter ist. Man könnte jetzt denken, okay, kann ja sein, dann war es einer seiner Nazikameraden, aber nein.

Dieses Jahr wurde bekannt, dass ein LKA-Beamter aus einer Observationseinheit (!) sich in einer Kneipe in Rudow mit genau diesem Thom und weiteren Neonazis getroffen hat, und danach mit ihm im Auto weggefahren ist. Wir wissen nicht, was der LKABeamte und die Neonazis besprochen haben, oder wo sie danach hingefahren sind, oder ob sie sich noch öfter getroffen haben.

Was wir wissen ist, dass wir den Aussagen des LKA nicht trauen können, dass Thom durch die Observation Alibis hatte. Inzwischen spricht einfach mehr dafür dass das LKA lügt, als dass es die Wahrheit sagt.

Jedes Mal wenn es wieder heisst „der Staatsschutz ermittelt“, müssen wir diese offenkundigen Nazi-Sympathisanten im Berliner LKA vor Augen haben. Es ist hoffentlich nur eine gewisse Minderheit in der Polizei, aber schon wenige reichen, um den gesamten Polizeiapparat zu einer schlimmen Gefahr für die Betroffenen zu machen.

Der gefährlichste Clan in Neukölln ist das Netzwerk aus Neonazis, AfD und diesen Polizisten. Lasst uns den Neukölln-Komplex auflösen!