Redebeitrag auf Hanau-Gedenkdemo am 19.8.

Wir sind eine Antifa-Initiative die den Neukölln-Komplex untersucht, also die jahrelangen Drohungen, Angriffe, Brandanschläge und Morde durch Neonazis in Neukölln, aber auch die vielfältigen Verbindungen zwischen Polizei, Neonazis und AfD, und außerdem das Vertuschen, Weigern, Schweigen, Verharmlosen durch den rot-rot-grünen Senat.

Wie in Hanau, Magdeburg und eigentlich überall in Deutschland, sind auch hier in Neukölln Shisha-Bars und andere Orte des alltäglichen Lebens das Ziel von rassistischen Angriffen. Gesprühte Hakenkreuze und SS-Runen, Autos vor den Läden beschädigt oder angezündet. Diese Angriffe kommen nicht aus dem Nichts. Polizei, Rot-rot-grün und Medien haben lange daran gearbeitet, die migrantisch geprägten Kieze in Neukölln, Wedding und Kreuzberg mit organisierter Kriminalität in Verbindung zu bringen.

Man hört es überall: Clans, Clans, Clans. Fast jede Woche stürmen vermummte und schwerbewaffnete Polizeitrupps in Shisha-Bars, Restaurants, Wettbüros. Hier in Neukölln hat sich auch schon der Bezirksbürgermeister Hikel von der SPD an der Inszenierung des Spektakels beteiligt. Im Fernsehen gibt es dann reißerische Dokus zu sehen, zu sog. Großfamilien und Clan-Immobilien. Kein Wunder, dass dann genau diese Häuser angegriffen werden, die von Politik und Medien ins Rampenlicht gezerrt werden. Die Häuser an der Sonnenallee Höhe Wildenbruchstraße waren bspw. bei Spiegel TV zu sehen. Die rassistische Stigmatisierung wirkt. Die Nazis fühlen sich ermutigt, ihren Beitrag zu leisten. Der Polizeiabschnitt, der nur 50 Meter von den meisten Angriffen der letzten Monate entfernt liegt, merkt davon selbstverständlich nichts. Selbst ein riesiges rotes Hakenkreuz war für die Beamten kein Hinweis auf ein rassistisches Motiv.

Staat und Nazis Hand in Hand. Da wäre z.B. der Beamte vom Landeskriminalamt (kurz LKA), der sich privat mit dem Hauptverdächtigen der vielen Naziangriffe und seinen Kameraden traf, wohlgemerkt in einer bekannten rechten Kneipe. Da wären die beiden Staatsanwälte, die am Neukölln-Komplex gearbeitet haben, und wegen Befangenheit abgezogen wurden. Da wäre der Polizeibeamte aus Neukölln, der in einer AfD-Chatgruppe polizeiinterne Informationen an Neonazis weitergab. Da wären die vielen ungeklärten Abfragen von persönlichen Daten von Linken in Polizeidatenbanken. Und da wäre das LKA-Pärchen, das gemeinsam Drohbriefe an Linke Menschen und Läden in Berlin verschickte.

„Wir werden eure Daten an die Nazis weitergeben“, schrieben sie in den Drohbriefen. Und genau das wurde dann offensichtlich auch gemacht. Es ist also nicht nur Zufall, dass Polizei und Neonazis so oft in die gleiche Richtung arbeiten. Nein, von vielen Polizisten wird das auch ganz aktiv unterstützt. Persönliche Daten werden an die Nazis weitergegeben, und wenn sich die Nazis bei ihren Angriffen doch mal erwischen lassen, werden die Ermittlungen sabotiert. Wie sonst kann man erklären, dass die beiden hauptverdächtigen Nazis in Neukölln beim Ausspähen ihrer Opfer gleich von mehreren Behörden observiert wurden, dass ihre Telefone dabei überwacht wurden, und trotzdem die Angriffe nicht verhindert wurden, und sie einfach weitermachen können?

Da wäre auch noch der Neuköllner Polizist, der jahrelang in einer Sonderkommission zu Nazis und rechter Gewalt gearbeitet hat. Dieser Polizist ist selbst ein rassistischer Schläger, er steht aktuell wegen eines brutalen Angriffs auf einen Geflüchteten vor Gericht. Das Opfer wurde in der Zwischenzeit nach Afghanistan abgeschoben, mitten in der Pandemie. Wie praktisch! Ohne Opfer kein Strafprozess, ohne Strafprozess keine Disziplinarmaßnahmen. Dieser Schläger-Polizist wird also noch lange weiter bei der Polizei arbeiten und Menschen schikanieren. Und es gibt eine Vorgeschichte: die Sonderkommission in der so lange gearbeitet hat, hat auch im Fall des Mordes an Burak Bektaș ermittelt. Bekanntlich wurde dort ein rassistisches Motiv kategorisch ausgeschlossen, Nazis die in Frage kommen gäbe es angeblich nicht. Drei Jahre später wurde wieder ein Mensch von einem Nazi ermordet, Luke Holland. Der Täter war schon lange aktenkundig, ein weißer Rassist, eindeutiger Nazi. Zufälle gibt es im Neukölln-Komplex nicht.

Selbst wenn sie wollte, die Polizei kann nicht effektiv gegen Neonazinetzwerke vorgehen. Es funktioniert einfach von der Struktur her nicht. Die Behörde kann nicht, und viele Beamte wollen auch einfach nicht. Wer sagt, es könne eine saubere Polizei ohne Rassismus und brutale Gewalt geben, hat nicht verstanden, wie Polizei funktioniert und was ihr Zweck ist. Wenn sich hier jetzt einzelne Beamte unfair behandelt fühlen, können wir nur sagen: wir haben echt andere Sorgen.

Selbstverständlich stellen wir die Polizei unter Generalverdacht.

Die einzigen, die uns und unsere Freund:innen und Nachbar:innen vor rassistischer Gewalt und rechtem Terror schützen können, sind wir selbst. Wir setzen auf Solidarität mit den Betroffenen, und aktiven, handfesten, wirksamen Antifaschismus. Wenn ein Nazi oder Rassist zuschlägt, müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass er es nie wieder tut. Also sprecht mit den Betroffenen, informiert euch über die Neonazis in eurer Nachbarschaft, und greift ein.

Zum Schluss ein kleiner Aufruf: am 31. August, also in knapp zwei Wochen, stehen die beiden hauptverdächtigen Nazis vor Gericht, wegen Graffitis und Stickern, nicht wegen Brandstiftung oder versuchtem Mord. Aus diesem Anlass wollen wir einen Tag vorher, am 30., also nächste Woche Sonntag in Rudow demonstrieren und den Finger in die Wunde legen. Es wird gegen die Neuköllner Nazis und AfD gehen, und gegen die rechten Verstrickungen in Polizei und Staatsanwaltschaft. Sonntag 30.8. um 16:00 am U-Bahnhof Rudow.